Donnerstag, 25. Oktober 2007

Pariser Chaos-Seminar

Die „Stadt der Liebe“ war unwiderruflich dem Streik verfallen. Dementsprechend schwierig gestalteten sich unsere Annäherungsversuche. Wir scheiterten...

Im Rahmen eines Opern-Seminars sollten wir – als eine Gruppe von Kulturwissenschaftsstudenten - 4 Tage in Paris zubringen und uns von der Kultur bereichern lassen. Der mitgebrachte Enthusiasmus wurde schon einmal erheblich gedämpft, als sich offenbarte, dass niemand einen Tau hatte, wohin wir in Paris eigentlich genau mussten. Wir murksten uns zu unserer Jugendherberge durch – in Clichy, einem Randbezirk der Stadt, gegen die das Kasernenleben noch einige Vorzüge aufzuweisen hatte.
Nach einigem Warten durften wir unsere Zimmer beziehen. Hätten wir sollen. In unserem Dreibettzimmer fanden wir nämlich noch Gepäck der Vorgänger vor und mussten noch länger warten, bis die brasilianischen Eigner angetanzt kamen, um ihr Hab und Gut mitzunehmen.
Am Abend waren wir in der Stadt verabredet. Und erfuhren, dass die öffentlichen Dienste (Metro, Bus,...) streikten. Nach zwei Stunden Fußmarsch die große Einsicht: Zu Fuß zu laufen, bzw überhaupt pünktlich zu erscheinen, war unmöglich.
- Ein Telefongespräch – „Es ist mir egal, wie ihr da herkommt, aber ich erwarte euch pünktlich.
Pünktlich kamen wir eine Stunde zu spät mit Taxis an. Essen und Wein hoben die miese Stimmung erheblich.
Die nächsten Tage verliefen ähnlich:
- Die Führung in der Opera Garnier versäumten wir, weil wir im Stau steckten
- In den Nächten standen wir auf den Straßen herum, aber nicht um zu arbeiten, sondern um ein Taxi zu erwischen
- Unsere sportliche Kondition wurde durch täglich stundenlanges Marschieren erheblich verbessert, jedoch auch so manche auf ihr Durchhaltevermögen getestet.
Nicht, dass der Streik alleine schon gereicht hätte, wir bekamen die dreifache Portion geliefert: Neben dem Streik nämlich noch die Rugby-WM und Demonstrationen, die die halbe Stadt lahm legten.
Da ich es sowieso nicht so mit Oper habe, kam es mir sehr zugute, dass gut die Hälfte des Programms gecancellt wurde und wir stattdessen die Gelegenheit hatten, die Stadt abzulaufen.
Da sich am dritten Tag sogar die Metro erbarmte, wieder ein paar Linien fahren zu lassen, schafften wir es, einige Sehenswürdigkeiten aufzusuchen:
Neben Notre Dame und Sacre Coeur die Gegend um das Moulin Rouge, Arc de Triumphe, La Defense, Champs Elysees, den Eiffelturm, Centre Pompidou, Galeries Lafayette, etc... Und natürlich: Pont Neuf, wo mir anstelle von Grenouille (Patrick Süßkind, das Parfum) ein geiler französischer Polizist über den Weg lief.
Die Führung durch die Opera Bastille war eh ganz nett, vor allem das anschließende Essen im VIP-Bereich mit Panoramablick über Paris.
Nett war auch die als Ballett inszenierte Aufführung von Romeo und Julia, vor allem der „Ententanz“ – Angi: „ Des schaut einfach so geil aus!“; dahingegen schaffte es die Aufführung der „Traviata“ in dem stuckverzierten, mit einem Deckengemälde von Chagall ausgestatteten Opernhaus nicht, uns wach zu halten.
Mit Abstand am meisten begeisterte mich der Besuch des Louvre am letzten Tag, den wir durch eine weitere Programmstreichung einschieben konnten. Über fünf Stunden brachten wir in diesem großartigen Museum zu bevor wir zum nächsten Programmpunkt weitermussten.
Unbequem verschliefen wir die Rückfahrt, bis wir uns mit ganz kleinen Augen auf einer Raststätte in Salzburg wiederfanden – umgeben von Schnee!!!So wurde uns die Rückkehr ins Heimatland auf schmerzhaft kalte Weise klargemacht und grimmig und müde verzogen wir uns wieder in unsere kärntner Behausungen.